Und das kam so: Die Friseuse meines Vertrauens ist einfach zu weit weg und ich will mich hier, in der Fremde, ja schliesslich integrieren. Also wähle ich eine lokale Coiffeuse, die in einem ehemaligen Weinkeller arbeitet. Jung, zupackend und sympathisch. Sie verpasst mir die gleiche Farbe (heller würde wegen den dunklen Wurzeln nicht funktionieren) und einen Schnitt… einen Schnitt? Woran erinnert der mich bloss? Die Gedächtnisschublade geht auf: Der Lieblingscousin meines Vaters ertappte seine Ehefrau beim wilden Treiben auf der Kartoffelhurde mit dem Nachbarn, liess sich scheiden und schwängerte mit 45 seine 18-jährige Redaktionsassistentin (Bieler Tagblatt). Die war katholisch, musste also umgehend geehelicht werden. Und eine Vorstellung beim Cousin war natürlich unumgänglich. Die beiden besuchten uns im Jahr1967. Unvergesslich. Ich war 15, die Braut 18. Sie trug ein sehr edles weisses Spitzen-Minikleid – und die IDENTISCHE Frisur. Die Fremde, die wir uns zur Heimat gemacht haben, ist eine Zeitmaschine. Ich habe meine «klassische» Frisur gegen eine «moderne» ausgetauscht und zeige mich jetzt im 60er-Jahre -Hip. Habe gestern beim Einkaufen die Verkäuferinnen beobachtet. Die sehen aus wie ich. Allerdings kommen die nicht direkt vom Coiffeur, sondern versuchen, die Frisur nach dem Haarewaschen selbst hinzukriegen. Geht eigentlich nur mit Gel. Sehen alle aus wie Hühner, die im Freigehege mit dem Hintern in eine Pfütze gefallen sind. Ich bin glücklich, hier zu sein.