Sabine ist von Beruf Hausmädchen. In ihrer gegenwärtigen Anstellung ist das Haus zwar eine Wohnung und Sabine ist weit über dreissig. Sie hält sich gern eine Herrin. Das mahnt an schlimme alte Zeiten, wie Romane sie heraufbeschwören. Solche Romane kauft sie am Kiosk und verschlingt sie mitten in der Nacht. Da geht es zuweilen auch um Liebe, aber dafür hat Sabine weder Zeit noch Neigung.

Sabine rührt im Haushalt keinen Finger. Sie will nicht, dass Ali sich langweilen muss. Ali ist seit kurzem auch Angestellter. Sabine nennt ihn den Hausburschen und als solcher ist er ihr unterstellt. Die Herrin befiehlt, Sabine leitet den Befehl weiter. Ali schuftet willig und wortlos.

In Sabine schlummert Führungspotential. Sie beherrscht das Prinzip „Bottom up“: Die Herrin befiehlt, Sabine delegiert, Ali schuftet und Sabine befiehlt der Herrin, für welche Annehmlichkeiten sie zu sorgen hat. Ein Hausmädchen braucht für gesunden, tiefen Schlaf die entsprechende Matratze, Designerkleider, um repräsentieren und ein Auto, um stilvoll einkaufen zu können. Ali fährt und schleppt Einkäufe. Die Umverteilung zeigt der Welt, dass die Herrin Geld nicht nur hat, sondern es auch zu investieren weiss.

Sabine geht vermehrt aus. In Clubs. Kleider machen Leute. Geld hat sie genug, um grosszügig Runden zu spenden. Sie spricht gern und viel. Die Leute hören ebenso gern zu. „Ein Hausmädchen“, flüstern sie fasziniert und entsetzt. „Knochenharte Arbeit und schlechte Bezahlung.“ Gar von Ausbeutung ist die Rede. Es fehlt an öffentlichem Ansehen für die Berufskategorie. Jemand muss den dirty job machen und dennoch…

Sabine ist gerne Hausmädchen. In diesem Beruf lässt sich locker Karriere machen In der Nacht liest sie zunehmend Management-Literatur. Sie ist CEO, die Herrin Verwaltungsrat, Ali der Personalvertreter.
Der Dreh ist ganz einfach.