Christine ist 95 Jahre alt. Sie sitzt von Weihnachtslichtern dezent beleuchtet in ihrem Zimmer im Altersheim. Sie ist aus dem Süden. Warmherzig und gesprächig.

Vor fast einem halben Jahrhundert hat sie einen nordischen Hünen geheiratet und ist ihm – wie man so sagt- in seine Heimat gefolgt. Seitdem ist sie die Christa. Seine erste Frau hiess Christine. Die von Kindern und Verwandten geliebte Christine.

Die passable Ersatzfrau aus dem Süden musste aus Pietätsgründen einen anderen Namen annehmen: Christa. Pietät hörte beim Hünen mit der Zubereitung des Frühstücks auf. Da musste eine Frau ran. Sechs Monate nach dem Verscheiden der geliebten nordischen Christine.

Christa übernahm. Sehr ungeschickt. Der intellektuelle Hüne hatte sich unklugerweise nicht kundig gemacht. Auch Christa hatte mit dem Frühstück und allen andern denkbaren Haushaltsaufgaben nichts am Hut.

Hüne und Christa übten sich im Kompromiss und entwickelten dieses Verhalten zur hohen Kunst.